Quartäre Bildung

Im Handlungsfeld "Quartäre Bildung" konnten kontinuierlich positive Entwicklungen verzeichnet werden, der Index steht zum Abschluss bei 47 von 100 Punkten. Diese Entwicklungen müssen allerdings noch deutlich beschleunigt werden, denn gerade für wichtige Transformationsprozesse spielt Weiterbildung eine zentrale Rolle.

 
 
Die moderne Arbeitswelt
erfordert in vielen Bereichen ein lebenslanges Lernen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen – zusätzlich zu ihrem bisherigen Wissensstand – immer neue Informationen erlangen und/oder erschließen, um den komplexen Problemen im Berufsalltag begegnen zu können. Quartärer Bildung oder akademischer Weiterbildung kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu.

Der Hochschul-Bildungs-Report untersucht im Handlungsfeld Quartäre Bildung, inwieweit Hochschulen im Bereich wissenschaftlicher Weiterbildung aktiv sind. Im Fokus stehen dabei Angebot und Nachfrage im Weiterbildungsbereich, berufsbegleitendes Studieren und flexible Studienmöglichkeiten (Teilzeit- und Fernstudium). Als Ziel wurde ausgegeben, dass Hochschulen ihre Anstrengungen im Weiterbildungsbereich deutlich ausbauen und eine zentrale Rolle im lebenslangen Lernen spielen sollen. Dabei wurden die spezifischen Ziele auf Basis einer Extrapolation der Entwicklung vor dem Jahr 2010 sowie dem Durchschnitt der am besten abschneidenden Bundesländer gesetzt.

 

Der Gesamtindex der Quartären Bildung liegt zum Abschluss bei 47 Punkten. Wenn auch hinter den Zielvorgaben des Hochschul-Bildungs-Reports zurückbleibend, ist ein stetiger Trend zu einem Mehr an Weiterbildung, berufsbegleitendem Studieren sowie an Fern- und Teilzeitstudiengängen seit 2010 über nahezu alle Indikatoren hinweg erkennbar.

Die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen von Weiterbildungsstudiengängen hat sich von 5.216 im Jahr 2010 auf 11.950 im Jahr 2020 mehr als verdoppelt; der Zielwert von 12.600 Absolventinnen und Absolventen wurde nur knapp verfehlt. Der Anteil an Absolventinnen und Absolventen aus Weiterbildungsstudiengängen an allen Studienabsolventinnen und -absolventen stieg in dem Zeitraum von 1,4 Prozent auf 2,5 Prozent (Ziel: 4 Prozent) und liegt deutlich über dem Anteil an Weiterbildungsstudierenden unter den Studierenden insgesamt (1,8 Prozent). Der Anteil der Weiterbildungsmaster unter allen Masterstudienprogrammen beträgt 9,2 Prozent (Ziel: 14,6 Prozent). Hier ist – dem allgemeinen Trend zu mehr Weiterbildung zum Trotz – ein Rückgang des Anteils seit dem Jahr 2013 zu beobachten. Als mögliche Ursachen kommen die Ausweitung und Differenzierung der regulären Masterstudienprogramme infrage, Marktanpassungen für die zumeist kostenpflichtigen Weiterbildungsmaster sowie die Konkurrenz zu anderen berufsbegleitenden Studienprogrammen.

Ein Vollzeitstudium lässt sich aufgrund von beruflichen oder familiären Verpflichtungen für viele Menschen nicht realisieren. Für diese sowie zur allgemeinen Flexibilisierung ist es gut, dass sich immer mehr Studiengänge in Deutschland auch in Teilzeit studieren lassen. Wurden im Jahr 2010 nur 5,3 Prozent der Studiengänge auch als teilzeitgeeignet ausgewiesen, waren es im Jahr 2020 immerhin 15,7. Aber: Damit ist das Ziel für das Jahr 2020 von 32,6 Prozent noch in weiter Ferne. Die Hochschulen müssen hier noch einmal verstärkt Anstrengungen unternehmen und die Curricula auch für Teilzeitstudierende anpassen und mögliche Studienverlaufspläne erstellen.

In den Digitalsemestern der Covid-19-Pandemie hatten – so die Vermutung – viele Studierende das Gefühl, ein Fernstudium statt eines Präsenzstudiums durchzuführen. Tatsächlich sind aber nur 3,5 Prozent der Studiengänge als Fernstudiengänge ausgewiesen. Zum Teil unterscheiden sich hier die Werte zwischen den Bundesländern stark. Insgesamt sind derzeit 7,3 Prozent der Studierenden in einem Fernstudium eingeschrieben. Hier bleibt abzuwarten, ob die in der Covid-19-Pandemie erstellten asynchronen Lehrmaterialien auch zu einer größeren Zahl an Fernstudiengängen und -studierenden führen.

In Bezug auf berufsbegleitendes Studieren zeigen sich große Änderungen hinsichtlich der berufsbegleitenden Studienangebote, obgleich die Zielwerte verfehlt wurden. Sowohl der Anteil der berufsbegleitenden Bachelorstudiengänge unter allen Bachelorstudiengängen als auch der Anteil der berufsbegleitenden Masterprogramme an allen Mastern hat sich seit dem Jahr 2010 mehr als verdoppelt (von 2,9 auf 6,4 Prozent beziehungsweise von 3,9 auf 10,5 Prozent). Lebenslanges Lernen an den Hochschulen und Weiterqualifizierung neben dem Beruf werden damit immer besser möglich – ein wichtiger Baustein, um den enormen Bedarf an qualifiziertem Personal mit Future Skills zu begegnen.

 

2010 bis 2020: Was wurde erreicht?

In den deutschen Hochschulen stagniert die anfänglich positive Entwicklung im Handlungsfeld "Quartäre Bildung" seit mehreren Jahren. Der Hochschul-Bildungs-Report hatte bereits 2013 empfohlen, das Engagement von Lehrenden in Weiterbildungskursen stärker zu belohnen. Zwar führte der vom BMBF geförderte Bund-Länder-Wettbewerb "Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" im Zeitraum von 2010 bis 2020 zu einer Erhöhung des Stellenwertes von Weiterbildung an einer Mehrheit der 101 teilnehmenden Hochschulen. Trotzdem zeigte sich, dass immer noch zu wenig Hochschullehrende für Weiterbildungsangebote zu gewinnen sind. Dies dürfte vor allem strukturellen Problemen geschuldet sein, beispielsweise Problemen bei der Anrechnung von Weiterbildungen auf das Lehrdeputat oder rechtlichen Problemen bei der zusätzlichen Entlohnung von Weiterbildungsaufgaben. Positiv zu bewerten sind die im Rahmen dieses Wettbewerbs 376 neu entstandenen Weiterbildungsangebote. Den mehrfach ausgesprochenen Handlungsempfehlungen des Hochschul-Bildungs-Reports, die Weiterbildung konsequenter und systematischer an die Bedarfe des Arbeitsmarkts und die Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen, beispielsweise durch räumlich und zeitlich flexible Angebote, wurde allerdings nicht nachgekommen.

 

Wo hat sich der Stifterverband engagiert?

Um den Status quo und die Trends in Bezug auf Weiterbildung in Deutschland zu analysieren, schlossen sich der Stifterverband, HHL Leipzig und Lecturio zusammen und veröffentlichten im Jahr 2018 den Trendmonitor Weiterbildung. Dieser zeigt sowohl auf Anbieter- wie Nachfrageseite Handlungsbedarfe und Lösungen auf. Mit dem Förderprogramm Smart Qualifiziert stellen Stifterverband und Daimler-Fonds ab dem Jahr 2020 insgesamt 500.000 Euro zur Verfügung, um Hochschulen unter anderem dabei zu unterstützen, Strategien und Maßnahmen zur Weiterbildung zu entwickeln, die zukünftige Anforderungen der Arbeitswelt in den Mittelpunkt der eigenen Hochschulentwicklung stellen.

Was bleibt zu tun?

Fort- und Weiterbildungen unterstützen den Kulturwandel hin zum lebenslangen Lernen und tragen entscheidend zur Modernisierung der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors in Deutschland bei. Der Bedarf dringend benötigter Tech-Kompetenzen kann durch sie zumindest teilweise gedeckt werden.

Empfehlungen:

  • Einen stärkeren Fokus in der Strategie und Profilierung der Hochschulen auf das Handlungsfeld "Quartäre Bildung" setzen, um sich als der natürliche Partner für die Weiterbildung in der Arbeitswelt 4.0 am Markt zu positionieren, der Hochschulen aufgrund ihrer Alleinstellungsmerkmale und ihrer Kernkompetenzen sein können.
  • Einen weiteren Ausbau digitaler und flexibel studierbarer Angebote insbesondere im Bereich der kürzeren Formate oder Micro-Degrees.
  • Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Weiterbildung an Hochschulen, insbesondere mit Blick auf die Finanzierungsmodalitäten und die Möglichkeit, durch eine entsprechende Anpassung des Kapazitätsrechts Engagement in der Weiterbildung auf das Lehrdeputat anrechnen zu können.

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 ist eine Initiative von