Zu arm für Exzellenz?

Studierende mit BAföG-Anspruch erhalten – egal, wo sie wohnen – eine Wohnpauschale von 224 Euro im Monat. Doch acht der neun »Exzellenzunis« haben ihren Standort in einer der 20 teuersten Studentenstädte Deutschlands. Können sich ärmere Studierende ein Studium dort überhaupt leisten?

Eine Sonderauswertung der Studienberechtigtenbefragung des Hochschul-Informations-System (HIS) zeigt, dass besonders Nichtakademikerkinder aus finanziellen Erwägungen heraus nicht studieren. So begründen vier von fünf Nichtakademikerkindern ihre Entscheidung gegen ein Studium mit dem Fehlen der finanziellen Voraussetzungen. Häufig ermöglicht erst das BAföG das Studium, wie die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks deutlich macht. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Studierenden, von denen kein Elternteil einen akademischen Abschluss hat, erhält derzeit Leistungen nach BAföG. Von diesen geben 75 Prozent an, dass sie ohne BAföG nicht studieren könnten.

Wohnpauschale reicht in teuren Städten nicht

Um sich eine Wohnung leisten zu können, erhalten Studierende mit BAföG-Anspruch eine Wohnpauschale von 224 Euro im Monat. Diese wird regional nicht differenziert. An vielen Hochschulstandorten müssen Studierende aber deutlich mehr Geld für ihre Wohnung bezahlen. Laut der 20. Sozialerhebung zahlen Studierende im Durchschnitt 298 Euro für Wohnung und Nebenkosten. Besonders teuer sind die Städte mit den Exzellenzuniversitäten. Acht der neun „Exzellenzstädte“ (einzige Ausnahme ist Dresden) sind unter den Top 20 der teuersten Studentenstädte Deutschlands. In den Metropolen Köln und München geben Studierende im Durchschnitt mehr als das Anderthalbfache dessen aus, was BAföG-Empfänger mit der Wohnpauschale erhalten.

Die Studentenwohnheime sind ein wichtiger Anbieter günstigen Wohnraums, wenngleich nur rund elf Prozent aller Studierenden nach Erhebung des Deutschen Studentenwerks in einem Wohnheim unterkommen. Auch in den Exzellenzstädten liegen die Preise für eine Unterkunft in einem moderaten Bereich zwischen 160 und 250 Euro (Mittelwert der Mietpreisspanne).

Wohnpauschale gerechter verteilen

Die bundesweit einheitliche BAföG-Wohnpauschale wird den großen Unterschieden in den Mietkosten zwischen Chemnitz (211 Euro) und Köln (359 Euro) nicht gerecht. Differenzierter ist beispielsweise das staatliche Wohngeld (für Bürger mit geringem Einkommen, die nicht Arbeitslosengeld II beziehen) ausgestaltet, das nach sechs Mietstufen gestaffelt ist und so die Unterschiede in den regionalen Mietniveaus abbildet. So liegt das Wohngeld in Dresden bei 330 Euro, in Bremen bei 358 Euro und in München bei 407 Euro (Höchstbeträge 2012).

Empfehlung

Hohe Mietkosten sollten für keinen Schulabgänger eine Hürde sein, ein Studium aufzunehmen – erst recht nicht an einer Exzellenz-Universität. Bund und Länder sollten die BAföG-Wohnpauschale in Höhe von 224 Euro in einen bedarfsgerechten, regional angepassten BAföG-Wohnsatz umwandeln und an die gestiegenen Mietkosten anpassen. Dieser könnte dem derzeitigen staatlichen Wohngeldmodell folgen.

Der neue, regionalisierte BAföG-Wohnsatz sollte sich in einem Korridor zwischen dem Niveau der derzeitigen Mietkosten für Studentenwohnheime (rund 240 Euro) und den derzeitigen durchschnittlichen Mietkosten von Studierenden (298 Euro) bewegen. Je nach Modell würde dies Mehrkosten von 42 Millionen Euro bis 196 Millionen Euro jährlich verursachen. Diese Mehrkosten können durch Kürzung von Abschreibungsmöglichkeiten im Rahmen des Familienleistungsausgleichs komplett gegenfinanziert werden. Von diesen Abschreibungen profitieren vor allem gut verdienende Eltern von Studierenden. Im Jahr 2012 gab der Staat für die Studierendenförderung durch BAföG insgesamt 2,4 Milliarden Euro aus.

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